Hallo, servus und moin, lieber Manfred!
Vorab muss ich zum Thema, was denn nun das einzig heilbringende und wahrhaftige Navigationsprogramm sei, neben dem andere anzubeten mit ewiger Verdammnis geziehen werden würde, anmerken, dass mich dieser Glaubenskrieg schon von allem Anfang an amüsiert hat. (Damit es nicht ganz so open minded zugeht, wird er ja noch durch den über die dazu gehörende Hardware, also das Imperium der Androiden versus der iZeugs-Rebellenarmee befeuert). Das Phänomen wird durch Generationen von Psychologen, Psychiatern und Irrenärzten bereits wohlverstanden, und hat was damit zu tun, dass man eine Fehlentscheidung beim Kauf (sei es der des eigenen Automobils, der Kamera, oder eben der Navigationssoftware) genauso ungern zugeben mag, als wenn man ein deppertes Kind in die Welt gesetzt hätte. Ireversibel - daher unerträglich, und daher entweder mit Zähnen und Klauen zu verteidigen, oder - in der österreichischen Politik gerade en vogue - als Reaktion auf das Erwischtwerden den Gegner sofort seinerseits aller möglichen Dinge zu beschuldigen, oder die hartnäckigen Lebenszeichen der Untoten aus den eigenen Reihen konsequent wegzulächeln.
Daher: Die eierlegende Wollmilchsau gibt‘s auch bei den Applikationen mit Flugplanungs- und Navigationssoftware nicht! Mir persönlich (bemüht, nicht in oben beschriebene, spätpubertäre Muster zu verfallen) sagen sowohl die Qualitäten des von mir seit Jahren verwendeten Air Navigation Pro zu, als auch die des diesem auf dem Fusse folgenden Sky Demon, aber auch die des Neuankömmlings Foreflight. Mag sein, dass ich aufgrund des „Nikon-Effektes“ am meisten von Air Nav überzeugt bin. (alle Profiphotographen hatten früher Nikons, weil das die erste Systemkamera war, und niemand später seine teuren Objektive wegschmeissen wollte, als die anderen Hersteller nachzogen - so entstand die Legende, Nikon sei die beste Kamera ...)
Was Air Navigation Pro (kurz ANP) und Sky Demon (kurz SD) bei den zahlreichen Gemeinsamkeiten grundsätzlich unterscheidet, ist die Verwendung des Kartenmaterials. Während SD auf eine Vektorgraphik bei der Basiskarte setzt, die weltweit zwar etwas informationsreduziert, aber aufgeräumt und einheitlich erscheint, setzt ANP ausschliesslich auf Pixelgraphiken, die in einer Unzahl von vielen Anbietern dazugekauft werden können. Seit einiger Zeit gibt es auch schon einige solche Karten für SD (an vorderster Stelle seien die ganz ausgezeichneten der Firma ROGERS DATA erwähnt, die es aber noch viel umfangreicher für ANP gibt). Für ANP wurden und werden einfach sehr viel mehr produziert, und man hat die Wahlfreiheit, nur das dazu zu kaufen, was man gerade für tunlich hält. Auch mit nicht mehr ganz aktuellen Karten in ANP zu fliegen, ist kein Problem, während bei Abonnements der Konkurrenz diese am Stichtag nicht mehr aktivierbar sind (ich glaube, FF macht das auch so, was schon zu manchem Ärger geführt hat)
Anflugblätter können auf Wunsch in ANP automatisch bei Annäherung an den Flugplatz aufpoppen, und ausserdem gibt es - zB für Österreich von ROGERS DATA - die integrierten Rolldiagramme der Plätze in Luftbildqualität, die durch weiteres Zoomen aufpoppen.
Überhaupt kann man (nur !) in ANP beliebige Karten und Dokumente selbst hineinladen, die dann einem bestimmten Navigationspunkt (zB ICAO Code eines Flugplatzes) zugeordnet sind, und die dann bei Antippen und Auswahl desselben aufpoppen. Das kann m.W. nur ANP. So kann man zB nicht nur selbst erstellte, gekaufte oder zusammengeklaute Anflugblätter, sondern auch Manuals, Checklisten udgl. jederzeit am Schirm, und zwar innerhalb des Programmes, parat haben.
Jede Pixelgraphik von Karten hat natürlich irgendwann ihre Grenzen beim Hineinzoomen. Diese habe ich in der Praxis noch nie ausgelotet, so präzise und gut auflösend sind die Karten, und schliesslich: Wer immer derart genau hinschaut, der stiehlt wahrscheinlich auch ...
In die Vektorgraphik von SD kann man zwar endlos hineinzoomen, bis die Schuhbänder des Türmers formatfüllend am Schirm wären, doch erstens findet man die eh in keiner Karte, und zweitens, wen interessieren schon solche Details?
Die Planung in ANP ist denkbar einfach und komfortabel.
Nach Eingabe des Start- und Zielflugplatzes kann man die resultierende Magentaline mittels Gummibandmethode zu jedem VFR oder IFR Navigationspunkt (aus der weltweiten Datenbank oder den eigens erstellten, oder auch nur temporären) ziehen. ANP legt dann im Höhenprofil eine durchgehende Reiseflughöhe (ähnlich einer MSA) an, die man für VFR natürlich anpassen kann, besonders beim Herumturnen in den Alpen wichtig.
Über die daraus folgende, übersichtliche Bildschirmansicht (Layout ist beliebig anpassbar) hast Du Dich ja schon sicher auf der Website von Xample schlau gemacht.
Einzigartig bei ANP ist auch die Möglichkeit, auf einen „Synthetic Vision“ Bildschirm umzuschalten, in dem man die Landschaft ( und sogar die darüber gelegten Karten, wenn man die lädt) in 3D visualisiert sieht. Hat man einen koppelbaren Lagesensor zB AHRS Levil, dann wird sogar das Scheinlot in Kurvenflügen richtig angezeigt (sonst nur näherungsweise).
Für die Flugdurchführung und Flugplanaufgabe lassen sich dann auf Knopfdruck alle Blätter als PDF ausgeben (und auf Papier drucken, wenn gewünscht). Flightlog, M&B, Fuelplanning, Wetter, ICAO Flugplanform NOTAMS korridorbezogen usw.
Man kann auch direkt aus dem Programm die Flugpläne aufgeben, die man (m.W. nur in ANP möglich) auch einzeln bei Bedarf kaufen kann. Oder man verwendet das PDF für einen der kostenlosen Dienste zur Flugplanaufgabe (zB mit Autorouter, meinem Favoriten)
Es gibt noch eine Reihe sehr netter Gimmick‘s im Programm, auf die alle ich jetzt garnicht eingehen kann. Sehr nett finde ich zB den am rechten Bildschirmrand antippbaren ATC Position Report, bei dem man einfach nur ablesen braucht, was man dem Lotsen erzählt (Position, Intentions, nächster Wegpunkt, welcher Flieger, usw.). im Ausland ganz hilfreich.
ANP ist auch mit externen Sensoren aufrüstbar, die dann zB ADS-B Traffic zeigen, in den US auch das Wetter, oder Lagesensoren udgl. Ohne dieselben stellt ANP aber auch ein eigenes TCAS zur Verfügung, das auf dem Datenstreaming der ANP User basiert. Ganz nett.
Man kann jeden Punkt zum VOR Sender erklären (auch Tante Lintschi‘s Gemüsegarten), und das integrierte VOR Instrument darauf schalten, und bei echten VOR‘s sogar den Morsecode akustisch ausgeben.
Usw. Usw.
Von den laufenden Kosten hat man bei ANP ebenfalls die Nase vorn (ok, eigentlich hinten), denn wenn man die Datenbasis stets aktuell halten will (man hat die Wahl im Unterschied von SD, wo das obligatorisch ist, damit das Programm läuft), dann kostet das pro Jahr läppische 28.- EUR. Da nehmen sich die stolzen Abonnements von SD und überhaupt von FF schon ganz gewaltig anders aus. Alles andere kauft man bei ANP einfach nach Lust & Laune dazu (oder macht sich‘s selbst, oder klaut es bei ausreichendem kriminellem Potential zusammen), ausserdem gibt es eine ganze Menge von gratis downloadbarem Kartenmaterial, das auch für viele Zwecke völlig ausreicht.
Ich hoffe, mir ist jetzt halbwegs alles Wichtige eingefallen, und falls ich über SD oder FF was falsches gesagt haben sollte, bitte ich die dieses Programm nutzenden Kollegen, über mich als zweifellos zu enthauptenden Ungläubigen nicht gleich auch noch Bannflüche oder Schlimmeres zu verhängen. Teeren und Federn reicht auch.
LG Axel der Aerotekt
PS: Ein Wort zum heiligen Glaubenskrieg in der Hardware:
Obwohl es ANP und auch SD sowohl für iZeugs, als auch Androiden gibt, rate ich - jedenfalls in der Luftfahrt - zur Verwendung von iZeugs, denn traditionell können die jeweiligen Versionen für die Androiden immer etwas, oder sogar um einiges weniger, als die der Welt angebissener Äpfel. Weil immer zuerst für letztere, und erst nach einiger Zeit für erstere Arbeit und Geld investiert wird.
Aus diesem Grund gibt es auch für iZeugs wesentlich mehr Applikationen für die Fliegerei, als für die Androiden.