Samstag, 06. Juni 2020
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'Ein Unternehmer will mit seiner Privatmaschine eine Runde über Oberschwaben drehen. Bei Ulm fallen ihm Funk und Navigation aus. Schlechtes Wetter kommt dazu. Er rettet sich auf spektakuläre Weise und löst damit Ermittlungen in zwei Ländern aus.

Stuttgart/Rottweil - Es ist der Dienstagabend vergangener Woche, als der tschechischen Luftsicherung ein Flugzeug auffällt. Die acht Meter lange Privatmaschine vom Typ Mooney M-20 ist unangekündigt im Luftraum des deutschen Nachbarlandes unterwegs. Sie nähert sich dem Flughafen in Prag. Der Tower versucht immer wieder, Kontakt mit dem Flieger aufzunehmen, der unter dem österreichischen Rufzeichen OE-DSF unterwegs ist. Doch der Pilot antwortet nicht. „OE-DSF, wenn Sie Hilfe benötigen, steht Ihnen die Landebahn 30 am Flughafen Prag zur Verfügung, eine Entfernung von zwei Meilen. Landebahn 06 ist geschlossen“, ist in einem Mitschnitt zu hören.

Die größte Piste des Flughafens wird zurzeit gewartet. Mit roten Scheinwerfern versuchen die Verantwortlichen noch, darauf hinzuweisen. Doch wenige Minuten später setzt das Flugzeug auf der gesperrten Bahn auf. Niemand wird verletzt, auch Sachschaden gibt es keinen. Andere Maschinen werden umgeleitet, am Flughafen wird Alarm ausgelöst, der Pilot von der Polizei in Empfang genommen. Sprecher der Flugsicherung sagen der Presse, die Maschine sei aus Stuttgart gekommen, der Pilot „ein hochrangiger Deutscher“. Die Medien in Tschechien und auch in Österreich, wo das Flugzeug gemeldet ist, berichten ausführlich. Doch die Frage, wer da eigentlich an Bord gewesen und was genau während des mysteriösen Fluges passiert ist, bleibt offen.
Navigation und Funk fallen aus

Klar wird jedoch schnell, dass die Geschichte so nicht stimmen kann. „Eine Maschine mit dieser Kennung ist an diesem Datum nicht ab Stuttgart registriert“, sagt Flughafensprecherin Beate Schleicher. Auch die Deutsche Flugsicherung weiß nichts von dem Flug. „Nach unseren Recherchen hatte die OE-DSF am 26. Mai keinerlei Kontakt mit uns und auch keinen Flugplan aufgegeben“, sagt ein Sprecher. Ein Flugplan aber muss wegen der Corona-Bestimmungen derzeit zwingend eingereicht werden, wenn ein Privatflug ins Ausland geplant ist – selbst dann, wenn dort nicht gelandet, sondern das Territorium nur überflogen werden soll.

Es deutet also vieles darauf hin, dass der Pilot gar nicht nach Prag wollte – und das bestätigen Recherchen unserer Zeitung. Demnach hat die Maschine früher einem Fliegerclub in Österreich gehört und ist inzwischen nach Baden-Württemberg verkauft worden. Gemeldet ist sie nach wie vor im Nachbarland, was zulässig ist. Der Start ist nicht vom Stuttgarter Landesflughafen erfolgt, sondern vom Flugplatz Rottweil-Zepfenhan – am Steuerknüppel ein Unternehmer aus einem Nachbarkreis, der eigentlich nur einen kleinen Rundflug Richtung Oberschwaben machen wollte.

Sogenannte Flighttracker, auf denen Flugrouten nachvollzogen werden können, zeigen, dass die Maschine in der Gegend von Ulm plötzlich zu kreisen begann. Die tschechischen Behörden bestätigen inzwischen, dass die Maschine technische Probleme hatte. Offenbar sind sowohl Navigation als auch Funk ausgefallen. Weil zudem dichte Bewölkung herrschte, verlor der Pilot die Orientierung. Er verwechselte die Richtung, orientierte sich wohl zunächst an der Donau und flog dann weiter, bis der Flughafen Prag in Sicht kam. Tschechien statt Rottweil.
Behörden in zwei Ländern ermitteln

Weil es dunkel wurde und der Treibstoff zur Neige ging, beschloss der Pilot, dort zu landen – ein Verhalten, das in Fliegerkreisen durchaus auf Verständnis stößt. Auf die Kontaktversuche konnte er nicht reagieren, weil er nichts hörte. Tschechische Berichte, die Privatmaschine sei gar von Kampfjets begleitet worden, bestätigen die Sicherheitsbehörden allerdings nicht.

Ein Nachspiel wird der bizarre Vorfall dennoch haben. Die tschechische Behörde zur Untersuchung von Luftunfällen hat sich eingeschaltet. „Wir haben eine Untersuchung eingeleitet“, sagt der zuständige Ermittler in Prag. Am Donnerstag sei zudem die deutsche Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung informiert worden. Welche Folgen es für den Unternehmer geben könnte, ist derzeit aber noch offen.`

Quelle: Stuttgarter Nachrichten
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